Mühlemann Kathrin

Gemeinsam mit meinem Partner, unseren beiden Kindern und zwei Maultieren leben wir im Seeland. Die Mulis können wir in einem Freilaufstall in ländlicher Umgebung halten.

Meine ersten Erfahrungen mit Maultieren sind auf ein unverfängliches Inserat von Regina Stucki zurückzuführen. So konnte ich vor einigen Jahren im Coop lesen, dass eine Stallhilfe gesucht wird. Als Gegenleistung fürs Misten wurde Reiten angeboten. Das war für mich die Gelegenheit, meine alten Reitstiefel im Keller auszugraben und anzurufen. Interessiert nahm ich zur Kenntnis, dass es sich nicht um ein Pferd, sondern ein Maultier handelt. Ein Ausritt mit Flicka war anfänglich mit viel Anstrengung und Körpereinsatz verbunden. Der Vorwärtsgang war äusserst schwer zu finden, ziehen und schleppen war angesagt, etwas rassiger ging es rückwärts, aber nur bis zum Stall – und trotzdem habe ich mich mit dem „Mulivirus“ infiziert. Im Frühling 1999 habe ich mir die Verkaufstiere in Visp bei Marco Gentinetta genau angeschaut und dabei mein Maultier August entdeckt. Als „dubelisicher“ hat ihn Marco bezeichnet, darauf habe ich mich mit meinen beschränkten Maultierkenntnissen verlassen. Mittlerweile habe ich 2 Freibergermaultiere: August, Jg. 1991, aus dem Wallis, und den Emmentaler Ibrahim, Jg. 2002, gezüchtet von Ueli Weber.

Die Mulis sind für mich ein wichtiger Ausgleich und Erholung zum Berufs- und Familienalltag. Allerdings ist der Zeitaufwand beachtlich. Üblicherweise sage ich 3-mal täglich „Ich bin 5 Minuten im Stall“. Mein Partner würde bei dieser Interviewfrage eine genauere Berechnung machen und vermutlich auf 1 bis 2 Stunden kommen. Gerade als die Kinder noch sehr klein waren und mein Partner während meiner Mulizeit die Kinderbetreuung übernehmen musste, war die Organisation fürs tägliche Misten und die Beschäftigung mit den Tieren nicht einfach und forderte viel Entgegenkommen. Seit 2003 wohnen wir in Tschugg und sind in der glücklichen Lage, die Tiere zu Hause halten zu können, das erleichtert vieles. Mit zunehmendem Alter können die Kinder vermehrt einbezogen werden.

Am liebsten bin ich im Gelände unterwegs. Hier im Seeland rund um den Jolimont ist das Reitgebiet sehr schön. Wie erwähnt, konnte ich anfänglich nicht immer gemütliche Ausritte geniessen. August beteiligte sich bei der Tempo- und Routenwahl mehr, als mir lieb war. Das änderte erst, als Regina und ich Adrian Heinen mit seinem Maultier an einer Parelli-Veranstaltung getroffen haben. Er hat uns hilfreiche Hinweise gegeben und in verschiedenen Kursen gezeigt, wie wir unser Zusammenleben mit den Mulis einfacher und sicherer gestalten können. Mit meinem Maultier Ibrahim hat er an der BEA 2006 eindrücklich demonstriert wie er mit jungen Tieren arbeitet. Ich bin froh, dass Ibrahim eineinhalb Jahre später deutlich gelassener ist und sich zu einem zuverlässiges Reittier entwickelt.

Was mir an den Maultieren besonders gefällt, sind selbstverständlich die langen Ohren und die mickrige Mähne. Ein Kind hat mich darauf hingewiesen, dass die Mulis nicht Maul- sondern Ohrentiere heissen sollten. Für mich ist es schön etwas zu haben, wofür ich mich begeistern kann. Zugegeben, Leute mit weniger Mulileidenschaft mag mein Lieblingsthema manchmal wohl etwas langweilen.

Das Halten eines Maultiers ist nicht allen zu empfehlen. Wer über sich lachen und Geduld aufbringen kann, hat meines Erachtens gute Voraussetzungen. Je nach Muliwissen und Reitkönnen braucht es Zeit bis etwas gelingt. Mir ist es mit August erst nach Jahren möglich, einen gemütlichen Galopp auf einem Reitplatz zu machen. Wer keine Reiterfahrung hat, sollte sich nicht vom treuherzigen Muliblick täuschen lassen. Ein Muli hat viel Kraft und kann sich genau so rasch fortbewegen wie ein Pferd. Das Hobby ist zeitintensiv und mit beachtlichen Kosten für Stall, Futter, Hufpflege und Tierarzt verbunden. Zudem sollte man wetterfest sein, neben Ausritten während herrlich warmen, insektenlosen Tagen, haben die Mulis bei jedem Wetter Hunger, und auch die Verdauung ist nicht abhängig vom Sonnenschein. 

Ein besonderes Erlebnis hatte ich im Sommer 06. Regina Stucki und ich haben eine erste dreitägige Mutter-Tochter-Tour im Jura unternommen. Gemeinsam mit unseren Töchtern Thea und Lena haben wir den Aufstieg auf den Chasseral bewältigt. Bei Toni Krähenbühl in Près d’Orvin haben wir nach dem ersten anstrengenden Tag, der von Lamboing über den Mont Sujet geführt hatte, ein herrliches Abendessen genossen und unter dem freien Sternenhimmel übernachtet.

Die 2. Etappe war für uns wandernde Mütter bei der Sommerhitze anstrengend, trotzdem sind wir tapfer marschiert. Und erst als sich Thea im Sattel über die langsame Gangart und den fehlenden Reitwind beklagte, haben wir einen sofortigen Tausch der Sitzplätze angedroht.

Übernachtet haben wir unterhalb des Chasserals in der Métairie Dombresson und sind am dritten Tag nach Lamboing zurückgekehrt.



Die IGM habe ich über das Mitteilungsblatt kennen gelernt. Es war für mich eine gute Informationsquelle und hat den Ausschlag gegeben, dass ich dem Verein beigetreten bin. Mit der Wahl in den Vorstand vor sechs Jahren hat sich die Arbeit rund um Muli intensiviert, mich aber auch mit Erfahrungen und Freundschaften bereichert.


November 2007, Kathrin Mühlemann




Texte rechts
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